Pink
Dystopische Parabel über Gefahren und Grenzen der Unterwerfung des Menschen unter moderne Technologien
Pink
Grundkurse Darstellendes Spiel Q2, Heinrich-von-Kleist-Schule Eschborn, Hessen
Nein, es geht nicht um Barbie in dieser Produktion von Mittelstufenschüler:innen aus … in Hessen. Pink ist eine Maschine aus E.M. Forsters Science-Fiction-Erzählung Die Maschine steht still, die in ihrer Funktionalität das Leben der Menschen perfektioniert hat und dafür eine Art autoritäres System ausbildet, in dem die Menschen in einer selbstgewählten Abhängigkeit leben. Auch wenn dies in der Inszenierung wenig zum Ausdruck kam, lässt sich diese Ausgangssituation aktuell als Metapher auf unsere gegenwärtigen vielfältigen Abhängigkeiten von technischen Vorgängen und Einrichtungen lesen. Immerhin lässt die Schlussrede an das Publikum ein wenig die Aufforderung zur Entscheidung für oder gegen die Maschinenwelt anklingen.
Diese Entscheidung kann sich nur ergeben, weil die Maschine selbst beginnt, Schwächen zu zeigen. Gleichzeitig suchen Menschen nach Befreiung aus dem System, das sie entdeckt haben, dass außerhalb der Maschine ein freies Leben möglich ist. Der Konflikt ist in einer Auseinandersetzung zwischen Mutter und Sohn sichtbar gemacht, was den Stoff in gewisser Weise an Alter und Erfahrungen der jugendlichen Spieler:innen zurückbindet. Ordnungskräfte, die langsam stampfend einher trampeln, können die Entwicklungen nicht aufhalten.
Für die Inszenierung scheut die Gruppe keinerlei Aufwand und baut sogar eine kleine, manuell bewegliche Drehbühne auf, die die wesentliche Spielfläche für die meisten Handlungen und Räume bildet. Vor ihr befindet sich eine Tunnelröhre, wie sie im Sportunterricht vorkommt, durch die man das Maschinenzentrum erreicht, dahinter eine Videoleinwand, die Szenenräume oder Computerverhalten andeutet. Denkt sich die Handlung in ein Flugzeug, begleitet das Bild eines Flugzeuginnenraums das Geschehen, ist es Tag scheint in der Projektion die Sonne, dreht sich alles um die Funktionen der Maschine, laufen Computerprogrammzeilen im Video ab, kommt ein Videoanruf herein, ist der Spieler in der Projektion zu sehen. Um den Science-Fiction-Charakter und die Hierarchien der Handlung und Spielgruppen zu unterstreichen, entschied sich die Gruppe für langsame Szenen und Kostüme in Schwarz (Polizei), Grau (Helfer und Statisten), Weiß (die Guten) und Pinkrot (Priesterin und Stewardessen).
Zur Handlung: Eine der Helferinnen weckt die Menschen in der Maschine mit einer Art Energiepistole aus einer Ruheerstarrung. Die Maschine spricht als Stimme aus dem Off. Mehrfach wiederholt die Gruppe zunächst die Rituale eines Tages, bestehend aus Feststellung der Gesundheitsdaten, Essensverteilung und Gebetszeit (mit Beteiligung der Zuschauenden) und Schlafzeit. Wenn eine Psychologin gebraucht wird, bewegt sie sich in langsamen mechanischen Bewegungen und Astronautenanzug auf die zu, die Beratung suchen. Dann spricht sie roboterhaft einfach. Zwei Stewardessen in pinkfarbenen Minirockkostümen führen nach dem Aufruf Boarding Completed vor, wie man den Gürtel befestigt und eine (Atemschutz-)Maske aufsetzt, wohl um anzudeuten, dass das Geschehen inklusive des Publikums in einem Raumfahrzeug stattfindet, an anderer Stelle in einem Flugzeug, mit dem sich die Mutter zu ihrem Sohn auf den Weg macht.
Natürlich eskaliert gegen Ende das Geschehen. Rebellen erreichen durch den Tunnel den Maschinenraum und werden von der Polizei verfolgt. Die Maschine ist entweder zerstört oder verliert sonst wie ihre Funktionen Sie beginnt zunehmend ihre Texte wiederholend zu stottern. Alarm bricht aus, die Sauerstoffversorgung wird knapp, Sirenen heulen, die Drehscheibe dreht sich. Die Mutter ruft nach ihrem Sohn um Hilfe. Als der Sauerstoffgehalt kritisch wird, brechen die Entwicklungen ab. Es kommt zu Statements, die eine Art Vermächtnis der beobachteten Entwicklungen darstellen können. Die wesentliche Erkenntnis darin, dass eine Maschine keine perfekte Welt sein kann, aber dass die Wissenschaft irrt und besser wird. Ob man das glaubt? Die aufwändige, konzentrierte und flüssige Inszenierung verdeutlicht das Engagement der Spielenden für ihre Sache.








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Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für Musik und Theater Rostock im Studiengang Lehramt Theater, Studiengangsleiterin des Weiterbildungsmasters „Theater unterrichten“
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