SCHUL.THEATER

Fokus

„Live in drei, zwei, eins!“

Imperative und Fragen der Theater_Digitälität im Bildungskontext

Tania Mei­er

Wenn auch die Stadt Ulm und das Land Baden-Würt­tem­berg die Aus­tra­gungs­or­te waren, an und mit denen das 36. Schul­thea­ter der Län­der vom LVTS und dem BVTS zusam­men orga­ni­siert wur­de, so war es doch vor­nehm­lich die Inter­net­sei­te des SDL21 sowie ein pro­fes­sio­nel­les Stu­dio in Blau­stein, von dem aus das Gesamt­event auf die Fes­ti­val­platt­form im Netz und von dort aus auf die Bild­schir­me im Home­of­fice der ein­zel­nen Teil­neh­men­den abruf­bar war. Ort­los also – unter Pan­de­mie-Bedin­gun­gen in digi­ta­ler Übertragung.

Damit füg­te sich das bereits zwei Jah­re zuvor gewähl­te Mot­to Theater_Digitalität mit jenen Bedin­gun­gen, die bereits über ein­ein­halb Jah­re nicht nur Schüler*innen und Leh­re­ren­de, son­dern die gan­ze Gesell­schaft vor die Com­pu­ter, Tablets und Smart­phones zwang, um zwi­schen­mensch­li­che, pri­va­te oder öffent­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­on her­zu­stel­len. Die­ser lan­ge Vor­lauf im Ein­üben von Zoom, Sky­pe, Webex hat die künst­le­risch-ästhe­ti­sche Pro­duk­ti­on des­sen, was wir Thea­ter nen­nen, zumin­dest für die­ses Fes­ti­val gra­vie­rend ver­än­dert. Die Fra­gen der Aus­schrei­bung wur­den viru­len­ter: Ob und wie sich das Ver­ständ­nis von Thea­ter ver­schiebt oder bereits ver­scho­ben hat, wel­che Effek­te die alten und neu­en media­len Tools auf unse­re Arbeit haben, wel­che gesell­schaft­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen sie ansto­ßen. Und: Wie unter die­sen Bedin­gun­gen was pro­du­ziert wurde.

Mei­ne ers­ten Ein­drü­cke waren beglei­tet von Fra­gen wie: Was davon ist über­haupt noch Thea­ter und was nicht (mehr)? Macht die Unter­schei­dung von Thea­ter und Nicht-Thea­ter noch Sinn? Oder haben wir es hier nicht doch mit ganz ande­ren Kunst­for­men zu tun (Film, Video, inter­me­dia­le Per­for­mance) oder gar mit Debat­ten ande­rer Dis­zi­pli­nen wie der Medi­en­wis­sen­schaft oder Medi­en­päd­ago­gik, mit deren Ver­mitt­lungs­pra­xen wir uns als Thea­ter­schaf­fen­de in Bil­dungs­kon­tex­ten viel­leicht noch zu wenig oder gar nicht beschäf­tigt haben: Kunst­for­men und Wis­sen­schaf­ten mit eige­nen His­to­ri­en, Pro­fi­len, künst­le­ri­schen Fra­ge­stel­lun­gen, aber auch fach­wis­sen­schaft­li­chen Per­spek­ti­ven? Wel­che Impul­se, die in die­sen ande­ren Kunst- oder Medi­en­spar­ten und deren Ver­mitt­lungs­pra­xen viel­leicht längst kri­ti­scher gesetzt und (künst­le­risch) bear­bei­tet wur­den, haben wir als Thea­ter­leu­te mög­li­cher­wei­se noch zu sel­ten gestellt? Und sind das jetzt unse­re Fra­gen (gewor­den)?

Zumin­dest zwei Schul­thea­ter der Län­der hat­ten sich bereits 2009 und 2017 mit Thea­ter und neu­en Medi­en bzw. mit Thea­ter und Film aus­ein­an­der­ge­setzt. In den Doku­men­ta­tio­nen zu die­sen Fes­ti­vals fin­den sich Über­le­gun­gen, die für die Akti­vi­tä­ten des aktu­el­len SDL und des­sen Refle­xi­on rele­vant sein könn­ten: Zur Unter­schei­dung von Thea­ter und Film sowie zur ande­ren Funk­ti­ons­wei­se von Film, Video, Medi­en in der Pro­duk­ti­on und Rezep­ti­on als Thea­ter; auch zum Ver­hält­nis zwi­schen Akteur*innen auf der Büh­ne und dem Publi­kum (vgl: Lee­ker und War­stat im Fokus Schul­thea­ter 10/2011 sowie Gregor/Ernst, Pin­kert und Lutz-Scheu­erle im Fokus Schul­thea­ter 17/2018). In der aktu­el­len Situa­ti­on stell­ten sich die­se Fra­gen aber noch ein­mal neu, da es sich nicht nur um fil­mi­sche oder media­le Inserts dreh­te, die im Prä­senz­thea­ter inte­griert waren, son­dern weil die Thea­ter­pro­duk­tio­nen selbst und mit ihnen die gesam­te öffent­li­che wie pri­va­te Kom­mu­ni­ka­ti­on zum aller­größ­ten Teil unter dem Dik­tat des Digi­ta­len stand und nur noch elek­tro­nisch über die Bild­schir­me an unter­schied­li­chen End­ge­rä­ten ver­lief bzw. ver­lau­fen konn­te. So kamen bei die­sem Fes­ti­val denn auch alle ver­füg­ba­ren tech­ni­schen digi­ta­len Mit­tel (Apps, Platt­for­men, Pro­gram­me) gleich­zei­tig zum Ein­satz. Wenn damit zwar der Anschein einer gleich­ver­teil­ten Zugäng­lich­keit geweckt wur­de, so stell­te sich doch neben der alles beglei­ten­den Ver­bin­dungs­pro­ble­ma­tik auch eine Dif­fe­renz im Zugang her­aus, die sich durch Bedie­nungs­kom­pe­ten­zen, v.a. aber auch aus unter­schied­li­chen Hal­tun­gen gegen­über Daten­miss­brauch durch Groß­kon­zer­ne ergab. Ins­be­son­de­re bei Pro­duk­tio­nen auf Insta­gram oder Face­book wur­de dies relevant.

Auf neuen Bühnen

Neben den 14 Vor­stel­lun­gen aus den Bun­des­län­dern waren fünf Gast­spie­le ein­ge­la­den, die sich durch beson­ders expe­ri­men­tel­le Zugän­ge aus­zeich­ne­ten. Sie las­sen sich fol­gen­der­ma­ßen ordnen:

Neben zwei per Video auf­ge­zeich­ne­ten Prä­senz­bei­trä­gen – eine Live-Per­for­mance zum The­ma STOP ECOCIDE – STAR GOOD LIVING der afro-ama­zo­ni­schen Tän­ze­rin Camy­la Alves sowie einer Schul­thea­ter­pro­duk­ti­on aus St. Peters­burg) – gab es zwei wei­te­re, die in Direkt­über­tra­gung gestreamt wur­den: Die Grup­pe der Wein­gar­te­ner Geschwis­ter-Scholl-Schu­le spiel­te ihr Stück Rol­ler im Rog­gen vor Ort im Stu­dio; das Ham­bur­ger Gast­spiel Eins_oder_Null – eine Faust­ad­ap­ti­on – wur­de aus Ham­burg live über­tra­gen. Mit Cas­par Wei­manns Vor­schlag (Wei­mann 2020) zur Unter­schei­dung von drei Arten von Büh­ne im digi­ta­len Thea­ter (phy­si­scher Raum, fil­mi­sche Mit­tel, digi­ta­le Platt­form) wären die­se vier Vor­stel­lun­gen als Events zu bezeich­nen, die auf einer kon­kre­ten Büh­ne im phy­si­schen Raum her­ge­stellt und mit einem Vor-Ort-Publi­kum sowie dar­über hin­aus im Netz mit einem wei­te­ren Publi­kum geteilt wurden.

Bei den unter­schied­li­chen Bei­trä­gen aus den Berei­chen Video und Film (als Büh­nen) lie­ße sich eine wei­te­re Dif­fe­ren­zie­rung vor­neh­men in

  • sol­che mit nar­ra­ti­ven Lini­en, zum Teil mit simu­lier­tem Videokonferenz-Effekt;
  • sol­che, die das expe­ri­men­tel­le Spiel mit unter­schied­li­chen rhythmischen/zeitlichen und räumlich/bildnerischen Mit­teln ins Zen­trum rück­ten u.a. zur Her­stel­lung ver­schie­de­ner Wirk­lich­keits­ebe­nen (Green­screen, Ani­ma­ti­on); und schließlich
  • sol­che, die als künst­le­ri­sche Refle­xio­nen von Erfah­run­gen des Lebens im digi­ta­li­sier­ten All­tag ver­or­tet wer­den könnten.


Im Sin­ne Wei­manns könn­ten als drit­te Kate­go­rie die Bei­trä­ge zusam­men­ge­fasst wer­den, die die Inter­ak­ti­on mit dem Publi­kum auf dafür vor­ge­se­he­nen Platt­for­men initi­ier­ten. Die­se kamen dem Thea­ter als Kunst­form der Prä­senz mit digi­ta­len Mit­teln am nächs­ten, da die inter­ak­ti­ve Par­ti­zi­pa­ti­on mit dem Publi­kum dabei in die jewei­li­gen digi­ta­len Live-Vor­stel­lun­gen inte­griert war. Hier schließt sich eine ers­te in der Thea­ter­päd­ago­gik noch nicht sehr oft gestell­te Fra­ge an: die nach dem Publi­kum, das sich im digi­ta­len Raum noch ein­mal anders ver­or­tet als im ana­lo­gen. Wo ist die­ses Publi­kum eigent­lich? Wer ist das Publi­kum, das da mit wem kom­mu­ni­ziert? Ist es noch ein Thea­ter-Publi­kum? Und wie gestal­tet sich Ko-Prä­senz in wel­chen Räumen?

Ein anderes Publikum

Cas­par Wei­mann stellt in einem Vor­trag zu par­ti­zi­pa­ti­vem Thea­ter im Netz (Wei­mann 2020) die The­se auf, dass das Publi­kum im digi­ta­len Thea­ter anders kon­sti­tu­iert ist.

Wie funk­tio­niert par­ti­zi­pa­ti­ves Thea­ter im Netz und was sind sei­ne Tools?

Es kom­mu­ni­ziert und wird erkenn­bar, indem es kom­men­tiert und mit ande­ren Zuschau­en­den inter­agiert. Kurz­fris­tig baut es so eine Com­mu­ni­ty auf. In bestimm­ten Fäl­len ist es auch par­ti­zi­pa­tiv dabei, kom­mu­ni­ziert mit den Akteur*innen und nimmt so am Gesche­hen „auf der Büh­ne“ teil. Die Kom­mu­ni­ka­ti­on ver­läuft par­al­lel im Chat, durch Umfra­gen oder mit ande­ren Tools zum gemein­sa­men Schreiben.

Zugleich ist jedes ein­zel­ne Mit­glied die­ses Publi­kums auch in der Lage, die Zuschau­pra­xis zu unter­bre­chen, ohne dazu die fort­be­stehen­de Inter­ak­ti­on auf der Büh­ne oder ande­re Zuschau­en­de zu stö­ren, da sei­ne Nicht-Akti­on, sei­ne Orts- oder Pra­xis­wech­sel, sei­ne Absenz nicht geteilt wer­den (müs­sen). Wei­mann beschreibt, dass die­ses Publi­kum nicht unbe­dingt kon­ti­nu­ier­lich am glei­chen Ort ist, so dass sich eine ande­re Art der Ko-Prä­senz ein­stellt, eine digi­ta­le Ko-Prä­senz, die sich von der in der Thea­ter­wis­sen­schaft von Fischer-Lich­te beschrie­be­nen leib­li­chen Ko-Prä­senz unter­schie­det: Es ist par­ti­ell anwe­send und abwe­send, es nimmt teil, klinkt sich aus, hört zu, ver­schwin­det für eine Zeit, kommt erneut vor den Bild­schirm und wird wie­der aktiv. Digi­ta­le Thea­ter-Events fin­den somit in ande­ren Zeit-Räu­men statt. Das Event streckt sich mit­un­ter über eine län­ge­re Zeit­span­ne, in der sich die Zuschauer*innen ein­log­gen und in Pha­sen dabei sein kön­nen, oder aber sich selbst mit ihren End­ge­rä­ten mobil an ver­schie­de­ne Orte bewe­gen, so dass die Kon­tex­te der kon­kre­ten Rezep­ti­on stän­dig wech­seln können.

Auch aus der Zuschau­en­den-Per­spek­ti­ve lässt sich dies als eine ande­re Art der Prä­senz des Publi­kums beschrei­ben, die sich in einer ande­ren Kon­zen­tra­ti­on auf das Gesche­hen bemerk­bar macht. Mich erin­nert das an ein Zuschau-Ver­hal­ten in ande­ren his­to­ri­schen Zei­ten: Auf den mit­tel­al­ter­li­chen Markt­plät­zen oder den Büh­nen des Shakespeare’schen Renais­sance-Thea­ters war es selbst­ver­ständ­lich, dass sich das Publi­kum wäh­rend der Vor­stel­lun­gen inter­ak­tiv – auch unter­ein­an­der – in Bezie­hung setz­te. Es war nor­mal, dass neben­her gespro­chen, viel­leicht geges­sen und in die Luft geschaut wur­de, wo viel­leicht ande­re Din­ge inter­es­san­ter waren als das, was gera­de auf der Büh­ne geschah.

Wolf­gang Schi­vel­busch erklärt in sei­nem Buch „Licht­bli­cke. Zur Geschich­te der künst­li­chen Hel­lig­keit im 19. Jahr­hun­dert“ (1986), wie die Erfin­dung des Büh­nen­lichts (durch Gas und Elek­trik) maß­geb­lich dazu bei­trug, das Publi­kum durch die Ver­dun­ke­lung des Zuschau­er­raums in eine Stil­le zu ver­set­zen und dazu zu nöti­gen, den Blick auf die beleuch­te­te Büh­ne zu rich­ten und sich so auf das Gesche­hen zu kon­zen­trie­ren. Das elek­tri­sche Licht fokus­sier­te den Blick und erreich­te schließ­lich das, was in der Erzie­hung des Publi­kums seit dem 18. Jahr­hun­dert bis dahin trotz aller Bemü­hun­gen durch Hand­zet­tel mit Ver­hal­tens­re­geln noch kaum gelun­gen war: still zuzuschauen.

Die fokus­sier­te Aus­rich­tung der Zuschau­en­den auf die Guck­kas­ten­büh­ne ist ver­hält­nis­mä­ßig jung und ist einem tech­no­lo­gi­schen Inno­va­ti­ons­schub im 19.Jahrhundert zu ver­dan­ken. Die­se Zen­trie­rung der Auf­merk­sam­keit wur­de nicht zuletzt durch die (neu­en) Mit­tel und Stra­te­gien des Thea­ters auch bald schon wie­der unter­bro­chen, wenn auch auf eine ande­re Art, näm­lich der geziel­ten Stö­rung jenes zen­tral­per­spek­ti­vi­schen, mono­di­rek­tio­na­len Blicks, der sich nicht zuletzt an der abso­lu­tis­ti­schen Posi­ti­on des Königs ori­en­tier­te. Spä­tes­tens mit Pis­ca­tor und Brecht wur­de die­se zen­trier­te Publi­kums­hal­tung gera­de gestört, um ein Reflek­tie­ren über die eige­ne Hal­tung zum Büh­nen­ge­sche­hen zu ermög­li­chen. Die­se Tra­di­ti­on ist durch Ein­satz von Film erprobt und spä­ter auch in der Video- und/oder Per­for­mance-Kunst wei­ter­ge­führt wor­den. Die aktu­el­le zeit­ge­nös­si­sche Büh­nen­pra­xis, v.a. die nicht-nar­ra­ti­ve, greift die­se Tra­di­ti­on des inter­me­dia­len Spiels wei­ter auf und ermög­licht so die Befra­gung von (Blick-)Verhältnissen und von Öffent­lich­keit bis hin zu poli­ti­scher Inter­ak­ti­on im Kunst­raum Thea­ter. Auf die­se Wei­se inter­agiert Thea­ter (gestal­tend) mit Gesellschaft. 

Han­delt es sich bei dem, was wir hier aus Ulm an Pro­duk­tio­nen gese­hen haben, auch um eine ver­gleich­ba­re Fort­füh­rung eben jener kri­ti­schen Her­stel­lung von Unter­bre­chun­gen, für die der media­le Ein­satz genutzt wur­de? Oder ist die Unter­bre­chung ver­schwun­den ange­sichts der Fas­zi­na­ti­on an tech­ni­scher Pro­fes­sio­na­li­tät oder am immersi­ven Spiel mit der App? Wel­cher Pro­fes­sio­na­li­tä­ten bedür­fen die Thea­ter­päd­ago­gik und das Thea­ter in der Schu­le in Bezug auf den Ein­satz der (digi­ta­len) Kame­ra und der Auf­zeich­nung, deren Zwei­di­men­sio­na­li­tät und tech­ni­scher Reproduzierbarkeit?

Neue Expertisen

Bei der nach­träg­li­chen Durch­sicht der Pro­duk­tio­nen in der Media­thek fiel mir auf, wie vie­le Teams sich pro­fes­sio­nel­le Unter­stüt­zung im Groß­be­reich Medi­en, Film, Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik gesucht haben oder koope­ra­tiv mit ande­ren Fächern wie Medi­en und Kom­mu­ni­ka­ti­on zusam­men­ge­ar­bei­tet haben. Das gesam­te Fes­ti­val als Event ‚in Ulm‘ steht gewis­ser­ma­ßen exem­pla­risch für die­se Art pro­fes­sio­na­li­sier­ter Koope­ra­ti­on, wur­de es doch fak­tisch im Stu­dio der Mau­rer Ver­an­stal­tungs­tech­nik GmbH in Blau­stein bei Ulm und andern­orts pro­du­ziert. Der Bil­dungs­ef­fekt, der über die dort ein­ge­brach­te Exper­ti­se und Pro­fes­sio­na­li­tät im Rah­men des Fes­ti­vals erkenn­bar wur­de oder sich an den Bild­schir­men zu Hau­se zumin­dest erschlie­ßen lässt, ist – so mei­ne The­se – zweigeteilt:

Für die­je­ni­gen, die im Home­of­fice erwar­tungs­voll am Rech­ner saßen, muss­ten zunächst die zeit­lich exak­ten Abläu­fe zutiefst beein­dru­cken, eben­so wie die tech­ni­sche Qua­li­tät der audio-visu­el­len Bil­der und Über­tra­gun­gen und nicht zuletzt die Gestal­tung der Mode­ra­ti­on vor Ort, die das gan­ze Event mit einer Nach­rich­ten- oder Kul­tur­sen­dung im Fern­se­hen ver­gleich­bar schei­nen ließ. Auch die magic moments der green­screen-Tech­nik, deren Zau­ber­ef­fek­te mit Schall und Rauch vor der Eröff­nung kurz zum Bes­ten gege­ben wur­den, ent­fal­te­ten vol­le Wirkung.

Green­screen Magic

Das schien nicht nur hoch­pro­fes­sio­nell – es war pro­fes­sio­nell. Aber um wel­chen Preis? Die Fra­ge stellt sich mei­nes Erach­tens auch ange­sichts der man­tra­ar­ti­gen Wie­der­ho­lung, dass Thea­ter in der Schu­le zumin­dest pro­fes­sio­nel­les Thea­ter nicht nach­ah­men soll. Vor allem fra­ge ich mich, wel­che Art der Dis­zi­pli­nie­rung durch wel­che Pro­fes­sio­na­li­sie­rung indi­rekt statt­fin­det und wel­che davon erwünscht ist.

Für die Zuschau­en­den zu Hau­se wur­de der Anfang mit einem seri­ell vor­pro­du­zier­ten Vor­spann gesetzt, der zunächst 15 Minu­ten lang zu beschwing­ter Stock­mu­sik1Auch: Archiv­mu­sik, Pro­duk­ti­ons­mu­sik, Trai­ler Music: Musik, die vor­nehm­lich für gewerb­li­che Zwe­cke kom­po­niert wird, deren Nut­zungs­rech­te über Lizen­zen statt über GEMA-Gebüh­ren erwor­ben wer­den. Vgl.: https://de.audionetwork.com/content/musik-glossar/produktionsmusik Film­auf­nah­men von Ulm aus der Vogel­per­spek­ti­ve zeig­te. Unter dem mit­tig plat­zier­ten SDL-Logo zähl­te eine digi­ta­le Zeit­an­zei­ge im Sekun­den­takt abwärts auf den Sen­de­be­ginn zu. Den eigent­li­chen Start signa­li­sier­te eine Bild­mon­ta­ge von sich sen­ken­den Schein­wer­fern, über­blen­det mit Büh­nen­auf­trit­ten von jun­gen Per­so­nen. Das zeig­te sich im Kame­ra-Blick von der Back­stage auf die Büh­ne so: Aus der Colt-Per­spek­ti­ve ver­folgt die Kame­ra von hin­ten erst eine jun­ge Frau (lan­ge Haa­re, kur­zer Rock), dann einen jun­gen Mann, wie sie im Gegen­licht an den Büh­nen­rand schrei­ten. Dazu eine Sound­ku­lis­se aus melo­di­schem Trom­mel­wir­bel und tosen­dem Applaus. Schnitt auf eine Stock­ani­ma­ti­on: Ein sich öff­nen­der vio­let­ter Vor­hang gibt eine mit Schein­wer­fer­licht bespiel­te graue Büh­ne frei, in deren Mit­te das schwe­bend ein­mon­tier­te blaue SDL-Logo lan­det. Zum ein­ge­blen­de­ten Titel der Stü­cke und Bun­des­län­der setzt eine männ­li­che Stim­me zum Start an: „Live in drei, zwei, eins!“

Vor­spann

Die­ses leit­mo­ti­visch funk­tio­nie­ren­de Intro, das nahe­zu jeder Anmo­de­ra­ti­on und jeder Stück­ein­spie­lung vor­ge­schal­tet wur­de, speist sich aus einem Bild­re­per­toire des Hel­den­tums und des Star­kults. Das wer­tet auf, macht Mut und tak­tet ein. Im Auf­grei­fen von vor­han­de­nem Bild­ma­te­ri­al wird Bedeu­tung gene­riert, mit der Kon­text her­ge­stellt und Wer­te re-kon­sti­tu­iert wer­den. In den Sil­hou­et­ten wer­den jun­ge Men­schen als medi­en­af­fin prä­sen­tiert, wie sie in einem bestimm­ten Gang gera­de­aus schrei­ten und von Applaus beglei­tet wer­den. Die Sche­men wer­den zu Zei­chen, die reprä­sen­ta­tiv für Büh­ne, Erfolg, Jugend ste­hen und als Wert­maß­stä­be eben­so mit­trans­por­tiert wer­den wie die vor­ge­stell­ten aura­ti­sie­ren­den Ästhe­ti­ken. Zusam­men zie­hen sie einen ste­ti­gen Bil­dungs­ef­fekt mit sich, der bei einer medi­en­päd­ago­gisch vor­ge­bil­de­ten Zuschaue­rin sogleich Asso­zia­tio­nen zu dem auf­ruft, was ein­mal in den kri­ti­schen Medi­en­wis­sen­schaf­ten als „Appa­rat“ oder „Logik“ bezeich­net wur­de und der Macht­re­fle­xi­on bedurf­te (vgl.: Hepp 2018: 5). Seit den 90er Jah­ren herrsch­te doch in der Medi­en­päd­ago­gik Kon­sens dar­über, dass die Medi­en­ar­beit in der Schu­le zu einem kri­ti­schen Umgang mit Ste­reo­ty­pen befä­hi­gen soll­te. Wel­che Pro­fes­sio­na­li­tät ist also heu­te gefragt, wenn es um Theater_Digitaltität im Bil­dungs­kon­text geht?

Anderes Wissen vor Ort

Dahin­ge­gen muss es für die­je­ni­gen, die als Akteur*innen des Fes­ti­vals vor Ort waren, ganz ande­re Ein­bli­cke in die Pro­duk­ti­ons­mit­tel und ‑mecha­nis­men gege­ben haben. Erfah­run­gen, um die ich die Kol­le­gin­nen oder Mitschüler*innen am Set benei­det habe: Ein Stu­dio mit einem Green-Screen, vor oder in dem die Moderator*innen gut geübt haben, um den gera­den Blick in die Kame­ra zu hal­ten (wie im Fern­se­hen); gan­ze Räu­me mit Bild­schir­men und Schnitt­pul­ten und nicht zuletzt mit Kon­troll-Moni­to­ren aus­ge­rüs­tet, auf denen das Ergeb­nis für die Akteur*innen am Set erkenn­bar wird.

Das Auf­nah­me- und Sendestudio

Selbst­ver­ständ­lich wird es auch ein ein­ge­spiel­tes Team für Kamera‑, Beleuchtungs‑, und Ton­tech­nik gege­ben haben, das freund­lich, aber bestimmt den Ablauf im Griff behal­ten hat. Das Wis­sen, das sich allein mit dem Auf­ent­halt und der Arbeit in die­sem Stu­dio ver­bin­det, unter­schei­det die Bil­dungs­ef­fek­te in Sachen Trans­pa­renz. In die­sem Sin­ne hät­te es sicher für alle Fes­ti­val­teil­neh­men­den medi­en­päd­ago­gisch einen noch höhe­ren Bil­dungs­wert gege­ben, wäre die­ses Wis­sen stär­ker und häu­fi­ger ins Zen­trum gerückt wor­den. Denn die Fra­gen blei­ben und wer­den kon­kre­ter: Wer ist offen und ver­deckt an wel­chen Pro­duk­ti­ons­pro­zes­sen betei­ligt? Wer steht hin­ter den Kame­ras, wer trifft am Schnitt­pult wel­che Ent­schei­dun­gen zur Mate­ri­al­aus­wahl und ‑bear­bei­tung? Wel­che – mitt­ler­wei­le leicht ver­füg­ba­ren – film­tech­ni­schen Mit­tel und Effek­te kom­men mit­un­ter unbe­wusst zum Ein­satz (Bild­sta­bi­li­sa­to­ren, Farb­aus­gleich, Auto­fo­kus…)? Und wie ver­än­dern die­se den Blick auf Welt? Und wie das Ver­hält­nis zwi­schen Pro­duk­ti­on und Rezep­ti­on? Wel­che Pro­fes­sio­na­li­tät wird an wel­cher Stel­le wirk­sam? Und nicht zuletzt: Auf wel­che wol­len wir uns in der thea­ter­päd­ago­gi­schen Pra­xis beziehen?

Was das Intro angeht, ist mir erst spät die Fra­ge gekom­men, wer die­se Bil­der, Ani­ma­tio­nen und Sounds wohl pro­du­ziert haben könn­te, bis mir klar wur­de, dass Digi­ta­li­sie­rung in der Pra­xis auch die Fort­füh­rung der Frag­men­tie­rung von Arbeits­ab­läu­fen mit sich zieht, die mit der Ver­mark­tung von Stock­ma­te­ri­al im Inter­net einhergeht.

Professionalisierungen, aber welche?

Die Kame­ra führt den Blick. Das ist einer der wich­tigs­ten Unter­schie­de zwi­schen Thea­ter und Film, der in sehr vie­len der vor­ge­stell­ten Pro­duk­tio­nen rele­vant, mit­un­ter auch gezielt genutzt wur­de. In Schön zum Bei­spiel, einer Site-Spe­ci­fic-Pro­duk­ti­on aus Bre­men, ent­wi­ckel­te die Grup­pe Tanz-Cho­reo­gra­fien im Stadt­bild und kre­ierte dabei fil­mi­sche Bild­kom­po­si­tio­nen, um Bezie­hun­gen zwi­schen Kör­pern und Archi­tek­tur zu reflektieren.

Aus­schnitt aus „Schön“, Ober­schu­le am Leib­niz­platz, Bremen

Das Spiel mit Effek­ten, Apps oder mit Schnitt­fol­gen zeig­te ins­ge­samt eine Expe­ri­men­tier­freu­de, die sich durch alle mög­li­chen Pro­duk­tio­nen zog, sei es das Spiel mit Rhyth­mus – beson­ders in der Gast­spiel­pro­duk­ti­on App­so­lut­e­ly – oder das mit räum­li­chen Über­blen­dun­gen (Inter­sec­tions – Begeg­nun­gen aus Nie­der­sach­sen), auch die eine Video­kon­fe­renz simu­lie­ren­de Pro­duk­ti­on aus Schles­wig-Hol­stein Was wir dach­ten, was wir taten oder das Ber­li­ner Spiel mit Ava­ta­ren, wenn die Spieler*innen durch den Blick in ein Schlupf­loch auf einer Aben­teuer­in­sel lan­den (Die Insel). Vie­le die­ser Bewegt-Bild-Pro­duk­tio­nen ent­stan­den aus der (oder nut­zen bewusst die) Nicht-Pro­fes­sio­na­li­tät im Kame­ra­ge­brauch, geschult nur durch den all­täg­li­chen Umgang mit mobi­len End­ge­rä­ten plus die (unbe­darf­te) Suche nach mehr. Das macht ihren Charme aus, for­dert die medi­en­bil­den­den Effek­te im eige­nen Film­dreh her­aus und unter­bricht somit auch die glat­te, objek­ti­vie­ren­de, mit­un­ter auch sexis­ti­sche oder ras­si­fi­zie­ren­de media­le Bild­pro­duk­ti­on, die nicht zuletzt auch die social media Platt­for­men domi­nie­ren. Hier lös­te sich ein, was schon in den 80er/90er Jah­ren in der Medi­en­päd­ago­gik gepre­digt wur­de: „Um nicht nur den gera­de zur Ana­ly­se genutz­ten pro­fes­sio­nel­len Mus­tern ver­haf­tet zu blei­ben, soll­te immer wie­der […] nach alter­na­ti­ven Einstellungs‑, Per­spek­tiv- und Mon­ta­ge­mus­tern gesucht wer­den. Manch­mal erge­ben sich aus den Zwän­gen schu­li­scher Ama­teur­pro­duk­ti­on mit ihren tech­ni­schen Unzu­läng­lich­kei­ten gera­de die Chan­cen, ein­ge­fah­re­ne Seh- und Dar­stel­lungs­mus­ter zu durch­bre­chen.“ (Eick­mey­er 1992: 279)

Feministische Filmtheorie

Wie die Kame­ra einen objek­ti­fi­zie­ren­den (zum Objekt machen­den) Blick pro­du­zie­ren kann oder wie die­ser ganz dezi­diert unter­bro­chen wer­den kann, ist spä­tes­tens mit den Refle­xio­nen aus der femi­nis­ti­schen Film­theo­rie the­ma­ti­siert gewor­den. Als eine der bekann­tes­ten Theo­re­ti­ke­rin­nen hat Lau­ra Mul­vey den Freud­schen Begriff der Sko­pophi­lie dazu ver­wen­det, um Begeh­rens­pro­duk­tio­nen im Kino durch den männ­lich geführ­ten Blick zu ana­ly­sie­ren. Mul­vey erklärt, wie visu­el­le Lust als voy­eu­ris­ti­sches Poten­ti­al im nar­ra­ti­ven Kino über den „kom­bi­nier­ten Blick von Zuschau­er und männ­li­chen Prot­ago­nis­ten im Film“ her­ge­stellt wird: „Der bestim­men­de männliche Blick pro­ji­ziert sei­ne Fan­ta­sie auf die weib­li­che Gestalt, die dem­entspre­chend geformt wird. In der Frau­en zuge­schrie­be­nen exhi­bi­tio­nis­ti­schen Rol­le wer­den sie gleich­zei­tig ange­se­hen und zur Schau gestellt, ihre Erschei­nung ist auf star­ke visu­el­le und ero­ti­sche Aus­strah­lung zuge­schnit­ten, man könnte sagen, sie kon­no­tie­ren »Ange­se­hen-wer­den-Wol­len«.“ (Mul­vey 1994: 55) Dabei hebt Mul­vey als Unter­schied zum Thea­ter die zeit­li­che und räum­li­che Beweg­lich­keit in der Kame­ra­füh­rung (Aus­schnitt, Per­spek­ti­ve, Bewe­gung…) und die Mon­ta­ge her­vor, mit der im Film der ande­re Kör­per zum Objekt gemacht wird.

Auf die­se ande­re Sub­jekt-Objekt-Bezie­hung im Thea­ter, die in der thea­tra­len, leib­li­chen Ko-Prä­senz auch die Mög­lich­keit des Rück-Blicks vor­sieht, hat­te Chris­toph Lutz-Scheur­le (2018: 46) mit Bezug auf Rol­ling Love beim SDL 2017 in Pots­dam (Fokus: Thea­ter und Film) ver­wie­sen, einer Pro­duk­ti­on der Wein­gart­ner Sophie-Scholl-Schu­le mit fünf stark ein­ge­schränk­ten Akteur*innen. Dass die­se Grup­pe 2021 zur Eröff­nung des Fes­ti­vals ihr dies­jäh­ri­ges Stück Rol­ler im Rog­gen im Stu­dio vor Ort, d.h. in leib­li­cher Ko-Prä­senz vor­stel­len konn­te, war inso­fern wich­tig; den­noch schlich sich in die Auf­nah­me der Vor­stel­lung eine Ten­denz zur Objek­ti­fi­zie­rung ein, die im Kame­ra­blick, ins­be­son­de­re in den (viel­leicht not­wen­di­gen) Nah­auf­nah­men kaum ver­hin­dert wer­den konn­te. Das ist zutiefst bedau­er­lich, zumin­dest jedoch der eben­so berech­tig­ten Ent­schei­dung geschul­det, die Vor­stel­lung der Pro­duk­ti­on auch unter Coro­na-Bedin­gun­gen nicht zu streichen.

Alte Muster der Objektifizierung 

Eine ande­re Ent­schei­dung hin­ge­gen, und vor allem deren Begrün­dung, wirft im Wis­sen um den objek­ti­fi­zie­ren­den und visu­el­le Lust erzeu­gen­den Kame­ra­blick Fra­gen auf, mit denen die Kri­te­ri­en von Pro­fes­sio­na­li­tät noch ein­mal genau­er dif­fe­ren­ziert wer­den könn­ten. Bei der Bran­den­bur­ger Film-Pro­duk­ti­on raus bist #du, einer an Hol­ly­wood-Ästhe­tik ori­en­tier­ten Film­ad­ap­ti­on des Thea­ter­stücks Mäd­chen wie die, waren laut Jury-Begrün­dung „die pro­fes­sio­nel­len Schnit­te und Kame­ra­fahr­ten bzw. ‑ein­stel­lun­gen, die an aktu­el­le inter­na­tio­na­le Jugend­se­ri­en erin­nern“ aus­schlag­ge­bend für die Ein­la­dung. „Dadurch ent­steht eine schnell­le­bi­ge Erzählweise, die die Zuschauer*innen gefan­gen nimmt“ (SDL 2021: 13). Das mag sein. Aber wel­che Zuschauer*innen wer­den da wie „gefan­gen genom­men“? Was genau wird mit wel­cher Pro­fes­sio­na­li­tät und wel­chen fil­mi­schen Mit­teln bedient?

Da trig­gert zum Bei­spiel eine Fra­ge nach der Dar­stel­lung „von Nackt­heit, ohne Nackt­heit zu zei­gen“, schon im Begleit­text etwas an, was der Film mit einer aus­ge­dehn­ten Bade­sze­ne am See unter­setzt: Jun­ge lachen­de Frau­en räkeln sich bei strah­len­dem Son­nen­schein auf der Wie­se; strei­cheln­de Ges­ten, sprit­zen­des Was­ser und viel Haut und Haar. Die abtas­ten­den Nah­auf­nah­men rücken den Kör­pern der Dar­stel­le­rin­nen in glei­cher Wei­se zu Lei­be, wie bei Mul­vey beschrie­ben. Fast ver­schluckt sich der Blick durch die Kame­ra an den ero­ti­sier­ten Topoi eines über Jahr­hun­der­te ange­rei­cher­ten Bild­ar­chivs, in denen Frau­en von Män­nern beim Baden zuge­schaut wird (ange­fan­gen vom Motiv der Susan­na im Bade über das gan­ze Arse­nal ori­en­ta­lis­ti­scher Harems­bil­der und der expres­sio­nis­ti­schen Frei­luft­ma­le­rei (u.a. Kirch­ner, Mül­ler) bis hin zur Foto­gra­fie eines David Hamil­ton). Die­ses Reper­toire wird in der kri­ti­schen (femi­nis­ti­schen) Kultur‑, Kunst- und Film­wis­sen­schaft seit den 70er Jah­ren als visu­el­le Lust erzeu­gend und objek­ti­fi­zie­rend pro­ble­ma­ti­siert (u.a. Ber­ger, Schade/ Wenk), denn es per­p­etu­iert eine Bild­po­li­tik, die sich am männ­li­chen Blick (male gaze) orientiert.

Die Exper­ti­se und Pro­fes­sio­na­li­tät, die in die­ser Pro­duk­ti­on ein- oder „gefangen“-nimmt, könn­te inso­fern durch einen kul­tur- oder auch medi­en­wis­sen­schaft­lich geschul­ten Blick auf sexis­ti­sche Bild­pro­duk­ti­on und nor­ma­ti­ve Schön­heits­idea­le ergänzt werden.

Erfreu­li­cher­wei­se initi­ier­te eine ande­re Pro­duk­ti­on die inten­si­ve Aus­ein­an­der­set­zung mit genau die­sen Fra­gen und bezog dabei zudem das Publi­kum in meh­re­ren par­ti­zi­pa­ti­ven Umfra­gen zu eige­nen Erfah­run­gen eine (digi­ta­le Büh­ne): Femi­nis­Muss aus Bay­ern war ein live-Event per Zoom, in dem zwölf Schü­le­rin­nen femi­nis­ti­sche Posi­tio­nen erkun­de­ten und die­se mit eige­nen Erfah­run­gen wie auch denen der Zuschau­en­den ver­knüpf­ten. „Auf einer Ska­la von 1 – 10: Wie prä­sent ist das The­ma sexu­el­le Beläs­ti­gung in dei­nem Leben?“, wur­de da z.B. auch gefragt. Stan­den am Anfang des Stücks noch Ori­gi­nal­zi­ta­te von Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­ten zur Debat­te, die die Ver­wen­dung gen­der­an­ge­pass­ter Anre­den ver­wei­ger­ten, so ent­wi­ckel­te sich das Stück durch Refle­xio­nen und Wider­sprü­che hin zu einem offen­si­ven Ende, bei dem ein vir­tu­el­ler Tanz aus Kampf­po­sen jenen sexis­ti­schen Bil­dern und Wer­be­pla­ka­ten den Kampf ansag­te, von denen wir stän­dig umzin­gelt sind. Das war ein Trost und hat die Hoff­nung auf kri­ti­sche Refle­xi­on der Bild­po­li­tik gestärkt.

Und nun zum Schluss: Gegen alle Vor­an­nah­men hat es doch geklappt: Trotz aller Vir­tua­li­tät und Bild­schirm­star­re­rei hat die Crew vor Ort es doch tat­säch­lich geschafft, aus digi­ta­lem Thea­ter Thea­ter zu machen, indem es das Fes­ti­val ko-prä­sent und sogar zu einem Gemein­schafts­event wer­den ließ. Das wur­de (mir) in dem berüh­ren­den Moment des Abschieds gewahr. Es hat mich doch – gegen alle Logik – mit­ge­nom­men. Und viel­leicht ist das – an der Stel­le – auch ein­fach gut so.

SDL- Mediathek 
Wir stel­len alle Auf­füh­run­gen des SDL in unse­rer Fes­ti­val­me­dia­thek bereit. Tickets kön­nen für 29,90 Euro (regu­lär), 19,90 Euro (Mit­glie­der BVTS / Ver­bän­de) oder 9,90 Euro (wenn du einen Gäs­te­pass gekauft hast) erwor­ben wer­den. Zah­le per Über­wei­sung oder Pay­pal und erhal­te sofort Zugriff auf alle unten auf­ge­führ­ten Mit­schnit­te. Das Pass­wort erhältst du, sobald dei­ne Zah­lung ein­ge­gan­gen ist (bei Pay­pal sofort!). 
Tania Meyer
Tania Meyer 

Tania Mey­er lei­tet seit Mai 2019 als Pro­fes­so­rin die Abtei­lung für Dar­stel­len­des Spiel, Thea­ter und Per­for­mance am Insti­tut für Ästhe­tisch-Kul­tu­rel­le Bil­dung der Euro­pa Uni­ver­si­tät Flens­burg; zuvor war sie an der Uni­ver­si­tät Pots­dam als aka­de­mi­sche Mit­ar­bei­te­rin im Fach Kunstpädagogik/Ästhetische Bil­dung mit Schwer­punkt auf Per­for­ma­ti­ve Ver­fah­ren tätig; Thea­ter­päd­ago­gik am Thea­ter, Pro­jek­te und Insze­nie­run­gen u.a. an der Würt­tem­ber­gi­schen Lan­des­büh­ne Ess­lin­gen, am Staats­thea­ter Braun­schweig, an der Uni­ver­si­ty of Delhi (Indi­en) sowie Pro­jekt­pra­xis als freie Thea­ter­päd­ago­gin in Koope­ra­ti­on mit Schu­len, Thea­tern (GRIPS-Wer­ke) sowie Insti­tu­tio­nen der Aus- und Wei­ter­bil­dung. Pro­mo­ti­on im Kol­leg Kul­tur­wis­sen­schaft­li­che Geschlech­ter­stu­di­en der Carl-von-Ossietz­ky Uni­ver­si­tät Olden­burg mit einem For­schungs­schwer­punkt auf Stra­te­gien ras­sis­mus­kri­ti­scher Theaterarbeit. 

Ber­ger, John. Sehen. Das Bild der Welt in der Bil­der­welt. Frankfurt/M. 2018 [1972].

Fischer-Lich­te, Eri­ka: Ästhe­tik des Per­for­ma­ti­ven. Frankfurt/M. 2004.

Gre­gor, Alina/Ernst, Han­na Linn: Vor­trag: „Anders die Sin­ne anre­gen. Fil­mi­sche Mit­tel auf der Büh­ne in der Thea­ter­ar­beit mit Jugend­li­chen“. In: Fokus Schul­thea­ter 17. Zeit­schrift für Thea­ter und ästhe­ti­sche Bil­dung. 2018, S. 12 – 18.

Eick­mey­er, Rolf: „Schu­li­sche Medi­en­er­zie­hung in Pro­jek­ten“. In: Wolf­gang Schill u.a. (Hrsg.): Medi­en­päd­ago­gi­sches Han­deln in der Schu­le. Opla­den 1992, S. 273 – 294.

Hepp, Andre­as: „Von der Media­ti­sie­rung zur tief­grei­fen­den Media­ti­sie­rung. Kon­struk­ti­vis­ti­sche Grund­la­gen und Wei­ter­ent­wick­lun­gen in der Media­ti­sie­rungs­for­schung“. In: Jo Rei­chertz / Richard Bett­mann (Hrsg.): Kom­mu­ni­ka­ti­on – Medi­en – Kon­struk­ti­on. Braucht die Media­ti­sie­rungs­for­schung den Kom­mu­ni­ka­ti­ven Kon­struk­ti­vis­mus? Wies­ba­den S. 27 – 45.

Lee­ker, Mar­ti­na: „Inter­me­dia­le Per­for­man­ces. Vom Umgang mit Medi­en­kon­ver­genz 1966, 2001“. In: Fokus Schul­thea­ter 10. Zeit­schrift für Thea­ter und ästhe­ti­sche Bil­dung. 2011, S. 8 – 19.

Lutz-Scheur­le, Chris­toph: „Im Namen des Thea­ters! Im Namen des Films!“ In: Fokus Schul­thea­ter 17. Zeit­schrift für Thea­ter und ästhe­ti­sche Bil­dung. 2018, S. 42 – 47.

Mul­vey, Lau­ra: „Visu­el­le Lust und nar­ra­ti­ves Kino“. In: Lilia­ne Weiss­berg (Hrsg.): Weiblick­eit als Mas­ke­ra­de. Frankfurt/M. 1994, S. 48 – 65.

Pin­kert, Ute: „Vom Thea­ter zum Film und zurück. Eine Vor­re­de und fünf The­sen zur sze­ni­schen Col­la­ge“. In: Fokus Schul­thea­ter 17. Zeit­schrift für Thea­ter und ästhe­ti­sche Bil­dung. 2018, S. 28 – 33.

Scha­de, Sig­rid; Wenk, Sil­ke: Stu­di­en zur visu­el­len Kul­tur. Ein­füh­rung in ein trans­dis­zi­pli­nä­res For­schungs­feld. Bie­le­feld, 2011.

Schi­vel­busch, Wolf­gang: Licht­bli­cke. Zur Geschich­te der künst­li­chen Hel­lig­keit im 19. Jahr­hun­dert. München/Wien 1983.

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War­stat, Mat­thi­as: „Schu­le der Bil­der: Thea­ter und neue Medi­en“. In: Fokus Schul­thea­ter 10. Zeit­schrift für Thea­ter und ästhe­ti­sche Bil­dung. 2011, S. 1, S. 20 – 24.

Wei­mann, Cas­par: #TT_Tutorials: „Wie funk­tio­niert par­ti­zi­pa­ti­ves Thea­ter im Netz und was sind sei­en Tools?“. In: https://vimeo.com/422353485 [20. Jan.2022]

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