SCHUL.THEATER

Fokus

Nobody cares

Oder: Spiele ich / spielt es eine Rolle, wenn / dass ich diesen Text schreibe?

André Studt

This busi­ness of ‘publish or peri­sh’ has been a cata­stro­phe. Peo­p­le wri­te things which should never have been writ­ten and which should never be prin­ted. Nobody’s inte­res­ted. But for them to keep their jobs and get the pro­per pro­mo­ti­on, they’ve got to do it. It deme­ans the who­le of intellec­tu­al life. 

Han­nah Are­ndt 1Saman­tha Rose Hill / The Han­nah Are­ndt Cen­ter: Cri­ses in Aca­de­mia Today (2018). Sie­he: medium.com (letz­te Sich­tung am 27.11.2023).

Die­sen Text schrei­be ich aus Gründen.

Die­se schei­nen mir signi­fi­kant mit mei­ner pro­fes­sio­nel­len Rol­le ver­bun­den: Ich leh­re und for­sche als Thea­ter­wis­sen­schaft­ler an einer Uni­ver­si­tät, unter­rich­te dort u.a. in der Aus­bil­dung von Lehr­kräf­ten im Fach Dar­stel­len­des Spiel, bin seit eini­gen Jah­ren dem BVTS als wis­sen­schaft­li­cher Beglei­ter des Fes­ti­vals ‚Schul­thea­ter der Län­der‘ ver­bun­den, gebe – gemein­sam mit tol­len Kolleg:innen – die Fach­zeit­schrift Schul­thea­ter her­aus und so wei­ter. Wenn man mich vor die­sem Hin­ter­grund zum The­ma ‚Rol­le‘ befragt und einen Text erwar­tet, geht man wohl davon aus, dass ich dazu etwas zu sagen habe. Oder man weiß, dass ich in ande­ren Tex­ten schon ein­mal etwas dazu gesagt hat­te1So zuletzt in der Zeit­schrift für Thea­ter­päd­ago­gik / Kor­re­spon­den­zen, Heft 82 (April 2023): (K)eine Rol­le spie­len – aktua­li­sier­te Über­le­gun­gen zum Rol­len­be­griff in (schul-)theaterpädagogischen Kon­tex­ten. S. 9–11.
– und ver­traut nun dar­auf, dass ich in der Lage bin, ohne all­zu offen­sicht­li­ches Selbst­pla­gi­at mir die­ses The­ma wie­der neu, anders und mit beson­de­rem Blick auf den Anlass – immer­hin war das Schul­thea­ter der Län­der 2023 in Trier mit dem Mot­to Schultheater.Rollen über­schrie­ben – zu erschließen.

Ver­ste­he ich die­se grob skiz­zier­ten Umstän­de als Rol­len­zu­schrei­bung, die eine spe­zi­fi­sche Erwar­tungs­hal­tung model­liert, sehe ich mich gewis­ser­ma­ßen unter Zug­zwang gesetzt: So soll­te mein Text bes­ten­falls einen Beleg für die kom­pe­ten­te Aus­übung mei­ner pro­fes­sio­nel­len Rol­le lie­fern. Es liegt ganz bei mir, einen Teil die­ser Zuschrei­bung (und den damit ver­bun­de­nen Erwar­tun­gen, die ich spe­ku­la­tiv ima­gi­nie­ren muss => Rol­le als Phan­tas­ma) zu erfül­len; mein eige­nes akti­ves Han­deln als den­ken­der und schrei­ben­der Thea­ter­wis­sen­schaft­ler kann ich eini­ger­ma­ßen selbst beein­flus­sen und mit den mir gege­be­nen Mög­lich­kei­ten steuern.

Aber wenn die­ser Text dann irgend­wann auf Leser:innen trifft, kön­nen (und wer­den) die­se das von mir Geschrie­be­ne mehr oder weni­ger mögen, ver­ständ­lich fin­den und für sich selbst pro­duk­tiv machen. Und viel­leicht (denn ich weiß nie, ob jemand die­se Tex­te über­haupt liest, und wer sich der­einst in eine:n Leser:in ver­wan­deln wird) sind mit die­sen Vor­gän­gen Pro­zes­se der Aner­ken­nung ver­bun­den, die mir attes­tie­ren, mei­ne für mich vor­ge­se­he­ne Rol­le ange­mes­sen ‚per­formt‘2 Vgl. dazu John McKen­zie: Per­form or else. From Disci­pli­ne to Per­for­mance. Lon­don: Rout­ledge, 2001.
zu haben. Ergo: Als Thea­ter­wis­sen­schaft­ler zu einem les­ba­ren Autor gewor­den zu sein, des­sen Sach­kennt­nis sich nach­voll­zieh­bar im rhe­to­ri­schen Vor­ge­hen, den ange­führ­ten Argu­men­ten und Bei­spie­len als Text figu­riert (=> Rol­le und Figur). Aller­dings sind die­se Aner­ken­nungs­pro­zes­se für mich weit­ge­hend unzu­gäng­lich, weil sie nicht simul­tan, also unmit­tel­bar an den Schreib­vor­gang gebun­den, son­dern suk­zes­siv im Nach­gang erfol­gen. Und viel­leicht gilt ja tat­säch­lich das Are­ndt­sche Dik­tum des nobody’s interested…

Wenn ich die­sen grob skiz­zier­ten Mecha­nis­mus funk­tio­nal bedie­nen will, muss ich so etwas wie Rol­len­an­eig­nung betrei­ben. Die­se berück­sich­tigt bei­de oben umschrie­be­nen Facet­ten und muss ein poten­ti­ell vor­han­de­nes Des­in­ter­es­se Ande­rer zunächst aus­blen­den: Damit das eigen­stän­di­ge Han­deln auf Grund­la­ge der mit der Pro­fes­si­ons­rol­le ver­bun­de­nen Wis­sens­be­stän­den und den damit zusam­men­hän­gen­den Arti­ku­la­ti­ons­for­men – es heißt ja, dass man als Wis­sen­schaft­ler Tex­te schreibt und auf bereits geschrie­be­ne Tex­te reagiert etc. – eini­ger­ma­ßen moti­viert ist, bin ich zur Rol­len­ar­beit genötigt.

Der damit ver­bun­de­ne Auf­wand unter­schei­det sich vom Schrei­ben an sich; jenes wäre schon Arbeit genug, aber als Thea­ter­wis­sen­schaft­ler eben die­sen Text zu schrei­ben bedeu­tet, in einer bestimm­ten Rol­le für die­se Rol­le schrei­ben zu müs­sen: In die­ser gestal­tet sich die Annä­he­rung an ein Schrei­ben anders als ein ver­meint­lich frei­es Fabu­lie­ren einer alter­na­ti­ven Fas­sung bzw. einer ande­ren Rol­le von mir. Im Her­aus­fin­den ande­rer Optio­nen, auf die man manch­mal mehr Lust haben kann, steckt ein Hin­weis dar­auf, dass erst die Arbeit an einer Rol­le die Grund­la­gen für das Rol­len­spiel schafft. Des­sen Aus­drucks­ver­mö­gen und poten­ti­el­le Bedeu­tungs­haf­tig­keit sind maß­geb­lich von dem vor­han­de­nen Wis­sen um alter­na­ti­ve Stra­te­gien der Expres­si­on abhän­gig. In die­sem Spiel kann erkun­det wer­den, wor­in der Kern der eige­nen Rol­le liegt bzw. wie sich die Rän­der, Lücken und Leer­stel­len der durch die Rol­le vor­ge­ge­be­nen Eigen­schaf­ten gestal­ten. Im bes­ten Fall zei­gen sich die­se in der Inter­ak­ti­on mit den Mit­spie­len­den, die eben­falls in ihren Rol­len auf mei­ne Ange­bo­te reagie­ren und schluss­end­lich mit mir zusam­men einen Bereich des Gemein­sa­men als Spiel­wirk­lich­keit schaffen.

Über­tra­gen auf die Rezep­ti­on die­ses Tex­tes lie­ße sich die­se gemein­sa­me Spiel­wirk­lich­keit als Dis­kurs­raum beschrei­ben, in dem Ein­wän­de, Nach­fra­gen, Kri­tik etc. als rezep­ti­ve und reak­ti­ve Ges­ten Ande­rer (in ihren jewei­li­gen Rol­len und mit der damit zusam­men­hän­gen­den Per­spek­ti­ven) auf­kom­men könn­ten, auf die ich (in mei­ner Rol­le als thea­ter­wis­sen­schaft­li­cher Autor) wie­der­um reagie­ren müss­te. In die­ser dia­lo­gi­schen Ver­schrän­kung – ich schrei­be einen Text, eine Per­son reagiert dar­auf mit einer Anmer­kung und lädt mich dazu ein, die­se Anmer­kung zu ver­ar­bei­ten usw. – ent­steht dann am Ende poten­ti­ell ein Dis­kurs.3 „Eine Auf­füh­rung ver­mag so auch immer einen Dis­kurs her­vor­zu­brin­gen, der sich auf sie bezieht, sich mit ihr aus­ein­an­der­setzt und damit auch die Wahr­neh­mung von Auf­füh­run­gen beein­flus­sen kann.“ Chris­tel Wei­ler / Jens Ros­elt: Auf­füh­rungs­ana­ly­se. Eine Ein­füh­rung. Tübin­gen (A. Fran­cke) 2017, S. 365. Frei­lich nimmt in der Wis­sen­schaft bzw. ihren Stra­te­gien der Kom­mu­ni­ka­ti­on die­se Bezug­nah­me viel Zeit in Anspruch und ist eige­nen (Spiel-)Regeln unter­wor­fen; man könn­te Dia­log, Debat­te und Dis­kurs unter­schei­den, wobei in die­ser Tria­de eine immer höher wer­ti­ge, weil kom­ple­xe­re Form des Aus­tau­sches von zunächst indi­vi­du­el­len, dann immer all­ge­mein­gül­ti­ger wer­den­den Sicht­wei­sen zum Aus­druck kommt.4Die Not­wen­dig­keit zur Unter­schei­dung von Dia­log, Debat­te und Dis­kurs kann viel­leicht anhand eines Bei­spiels aus der jün­ge­ren Ver­gan­gen­heit – näm­lich des Umgangs mit COVID 19 – erläu­tert wer­den: Da der Dis­kurs über die Gefähr­lich­keit des Virus sehr vor­aus­set­zungs­reich war (nie­mand von uns war Expert:in, der bspw. dazu in der Lage wäre, unter­schied­li­che Schluss­fol­ge­run­gen bei der Lek­tü­re von Stu­di­en kom­pe­tent zu begrün­den), haben sich eini­ge Expert:innen zu Medi­en­fi­gu­ren gewan­delt, die eine Debat­te (um des Dis­kur­ses wil­len) füh­ren woll­ten; die­je­ni­gen, die jenen Kon­struk­tio­nen (jede Form der Rol­len­über­nah­me, die zur Figu­ra­ti­on führt, ist eine Kon­struk­ti­on) miss­trau­ten, haben sich ent­we­der in die Debat­te ein­ge­bracht oder – was öfter gesche­hen ist – ledig­lich einen Dia­log geführt, der nur auf Stich­wor­te hin reagiert hat. Auch wenn die­se Form der Entro­pie zu einer radi­ka­len Redu­zie­rung der Kom­ple­xi­tät führt, die sich weit von dem Dis­kurs und sei­nen Regeln ent­fernt hat­te, wäre es wich­tig zu berück­sich­ti­gen, dass auch die­je­ni­gen, die hier nur dia­lo­gisch invol­viert waren – auch wenn ihre Bot­schaf­ten erra­tisch, miss­lich oder sach­lich falsch waren – aus Ihrer Sicht (und in ihrer Rol­le) Ange­bo­te für eine Teil­ha­be (an Debat­te und Dis­kurs) gemacht haben. Wenn die­ser Umstand jedoch kei­ne Berück­sich­ti­gung fin­det, kann kei­ne Ver­ge­mein­schaf­tung mehr statt­fin­den. So lie­ße sich viel­leicht erklä­ren, dass sich die Aus­ge­schlos­se­nen eige­ne For­men der Figu­ra­ti­on von Exper­ti­se suchen, die­se kul­ti­vie­ren und am Ende den eta­blier­ten For­ma­ten entgegensetzen. 

Die­ser Umstand lie­ße sich wie­der­um in die Pro­ben für die Gestal­tung einer Rol­le rück­über­set­zen: Die zu fin­den­den Sprach- und Sprech­hand­lun­gen einer Thea­ter-Rol­le wer­den im Pro­zess des Ein­stu­die­rens als Stei­ge­rung der Ver­bind­lich­keit ange­nom­men: Von der Lese­pro­be, wo die Rol­le auf Stich­wor­te hin akti­viert wird und in Dia­lo­ge ein­steigt, über ers­te Annä­he­run­gen an Ver­kör­pe­run­gen, die in Pro­ben ent­wi­ckelt und debat­tiert wird, bis hin zur in den Auf­füh­run­gen erfol­gen­den sze­ni­schen Ver­laut­ba­rung als Figur, die Ange­bo­te für einen Dis­kurs macht, weil das, was sich auf Basis einer Rol­le in der Figur (re-)präsentiert sub­stan­ti­ell auf Refe­ren­zen und Kon­tex­te bezieht und immer wie­der neu ver­stan­den wer­den will.

Da sich jedoch mein Schrei­ben zunächst ohne Ande­re gestal­tet (die­je­ni­gen, die dazu ein­ge­la­den wer­den, mei­nen Text spie­le­risch zu erschlie­ßen, kom­men ja erst nach Fer­tig­stel­lung, Edi­tie­rung und Ver­öf­fent­li­chung dazu, von mir bleibt dann nur noch die­ser Text übrig), muss ich, um an die Rän­der des­sen, was mei­ne Rol­le mir vor­gibt, zu gelan­gen, mein Schrei­ben spie­le­risch gestalten.

Ich könn­te also mein State­ment zum Auf­ent­halt in Trier beim SDL alter­na­tiv im Modus …

  • der Bel­le­tris­tik, (…als er nach einer nicht enden wol­len­den Zug­fahrt erschöpft im Gar­ten des Stadt­thea­ters saß, fiel ihm eine Grup­pe Kin­der auf, die sich um einen kos­tü­mier­ten Musi­kan­ten scharte. …)
  • des Sach­be­richts, (…das Schul­thea­ter der Län­der ist das größ­te Schul­thea­ter­fes­ti­val in Euro­pa. Es fand in die­sem Jahr unter dem Mot­to Schultheater.Rollen im Rhein­land-Pfäl­zi­schen Trier statt. …)
  • als Gebrauchs­an­wei­sung, (…wenn Sie zum Eröff­nungs­for­mat die­ser Ver­an­stal­tung gehen, rech­nen Sie immer damit, dass die­ses immer län­ger als im Pro­gramm ange­ge­ben dau­ert. Um even­tu­el­len Hun­ger­at­ta­cken vor­zu­beu­gen, emp­fiehlt sich das Mit­füh­ren von Müs­li­rie­geln, Trau­ben­zu­cker o.ä. …)
  • als Gedicht in Hexa­me­tern, (…nach Trier, zum lieb­li­chen Fest, war gekom­men, es spiel­ten und zeig­ten Sze­ne um Sze­ne, in Hal­len und Sälen, auf Stel­zen und Schuhen, …)
  • als Repor­ta­ge, (…Elvis ist nicht tot. Ham­let geis­tert durch die Flu­re. Die ech­te Gre­ta Thun­berg lebt und wird sze­nisch zur Witz­fi­gur. Vie­le Chö­re toben sich aus. Auf der Büh­ne ent­we­der als Eksta­se der Form oder als musi­ka­lisch gerahm­tes Abschluss-Wim­mel­bild der guten Lau­ne, im Publi­kum als Klatsch-Ritu­al des Ein­ver­stan­den-Seins. Juli­us Cae­sar ein Tyrann? Nobo­dy cares… Men­schen reden uns an und anein­an­der vor­bei. Meis­tens jedenfalls…)
  • per kon­kre­ter Poe­sie, (…Sch Sch Sch Schu Lth Lth Lth E! A! tata­ta­ta­ta­ta­ta TAT ER?…)
  • als Mani­fest, (…Thea­ter ist eine der kom­pli­zier­tes­ten Ange­le­gen­hei­ten, die Men­schen sich frei­wil­lig antun. Denn: Sie berei­ten sich Pro­ble­me, die sie per­sön­lich nicht not­wen­di­ger­wei­se haben müs­sen. Thea­ter machen, heißt Lust auf Pro­ble­me haben. Ohne Pro­ble­me, die sich mit­tei­len, ohne Kri­sen, die man spie­lend erlebt, kei­ne Span­nung, kei­ne Sze­ne. Wer schnel­le Aner­ken­nung im Sin­ne der Ego­zen­trik des „Ich möch­te maxi­ma­le Zustim­mung“ will, darf gern Influencer:in wer­den. Die­se haben aber auf der Sze­ne nichts ver­lo­ren. Sie sind als Phä­no­men zu flach, um im Thea­ter Pro­ble­me ver­han­deln zu können. …)

… schil­dern, um damit nicht nur alter­na­ti­ve Ent­wür­fe von mir als Schrei­ben­der (=> Rol­le als Alter­na­ti­ve) son­dern auch des zu Beschrei­ben­den und des­sen Reprä­sen­ta­ti­on zu gene­rie­ren. Nicht ganz aus­zu­blen­den ist dabei das Kor­sett (=> Rol­le als Kon­strukt) mei­ner pro­fes­sio­nel­len Rol­le und deren Kon­text – z.B. mei­ne thea­ter­wis­sen­schaft­li­chen Kolleg:innen, denen Mei­nung mir nicht ganz egal sein soll­te (zumal ich von jenen auch eine Legi­ti­ma­ti­on als ernst­zu­neh­men­der Thea­ter­wis­sen­schaft­ler erhalte).

So benö­ti­ge ich einen Gegen­stand, aus dem ich – ganz im Sin­ne mei­ner mir unter­stell­ten Pro­fes­si­on – ein spe­zi­fi­sches Erkennt­nis­in­ter­es­se zie­hen kann, das sich bei­spiels­wei­se als Fra­ge äußert, auf deren vor­läu­fi­ge Beant­wor­tung die Kon­zen­tra­ti­on des Den­kens / Schrei­bens gerich­tet ist. Dazu suche ich Mate­ri­al, Ver­wei­se, Bele­ge und rin­ge nach Wor­ten, die mein Anlie­gen hin­rei­chend reprä­sen­tie­ren. Ich muss gleich­zei­tig (qua­si im per­ma­nen­ten Modus der Auto­kor­rek­tur) dar­über nach­den­ken, ob die­ser Gegen­stand (und mei­ne dar­an gekop­pel­ten Akti­vi­tä­ten, die kein Selbst­zweck sind und selbst­be­zo­gen sein dür­fen, son­dern dia­lo­gisch als Ange­bot zur dis­kur­si­ven Aus­ein­an­der­set­zung im Spiel der Lek­tü­re for­mu­liert sein soll­ten) für die­je­ni­gen, die die­sen Text poten­ti­ell lesen, zugäng­lich, rele­vant und sti­mu­lie­rend ist. Denn erst damit ver­bin­de ich mein Han­deln mit ande­ren Anlie­gen und kopp­le mein Den­ken der Rol­le mit gesell­schaft­li­chen / poli­ti­schen Dimen­sio­nen (=> Rol­le und Gesellschaft).

Ist das bis hier­hin soweit nachvollziehbar?

Weil ein Text an sich kei­ne Figur her­vor­bringt, son­dern die­se erst gemacht wer­den muss, kom­men Sie nun ins Spiel (und die­ses Spiel ken­nen Sie sehr gut, wenn Sie Lehrer:in sind.5So Sie es wün­schen (und es aktiv ein­for­dern), kann ich Ihnen zu die­sen Fra­gen mei­nen Erwar­tungs­ho­ri­zont nachreichen):


Ich habe ich ein paar wei­ter­füh­ren­de Fra­gen an Sie:

Kön­nen Sie mit der von mir vor­ge­nom­me­nen Sys­te­ma­ti­sie­rung eines dif­fe­ren­zier­ten Umgangs mit der ‚Rol­le‘, ihrer Vor­aus­set­zun­gen und Begren­zun­gen etwas anfan­gen? Ist Ihnen der Unter­schied zwi­schen Rol­le und Figur klar?

Wel­che Aspek­te der Rol­len­an­eig­nung und Rol­len­ar­beit las­sen sich vom Schreib­tisch des Autors die­ses Tex­tes in Ihren Pro­ben­raum trans­fe­rie­ren? Schil­dern Sie die Eigen­hei­ten die­ser Übertragung!

Wel­che von mir geschil­der­ten Dimen­sio­nen der Rol­len­zu­schrei­bung wer­den bei Darsteller:innen eines Thea­ters in Schu­len wirk­sam – wel­che nicht?
Geben Sie Beispiele!

Unter­schei­den sich die­se Dimen­sio­nen, wenn man die­se auf die Spiel­lei­tung über­trägt? Was wis­sen Sie als Theaterlehrer:in in die­ser Rol­le über die erfol­gen­den Zuschrei­bun­gen an Sie? Kön­nen Sie die­se über­haupt klar formulieren?

Kön­nen Sie kon­kre­te Phan­ta­sien für die Kos­tü­mie­rung, den kör­per­li­che Grund­to­nus, des mimi­schen und ges­ti­schen Reper­toires für die von mir kurz ange­schnit­te­nen alter­na­ti­ven Text­sor­ten ent­wi­ckeln? Wie kom­men Sie zu Ihren dies­be­züg­li­chen Phantasien?

Wie ste­hen Sie zur thea­tra­len Nach­ah­mung von Phä­no­me­nen aus dem Inter­net?
Las­sen sich Per­so­ni­fi­ka­tio­nen aus dem digi­ta­len Raum (z.B. ein:e Influencer:in oder Gre­ta Thun­berg6Die­ser Text hat­te meh­re­re Vor­gän­ger­fas­sun­gen: In einem ers­ten Zugang, der noch kon­kre­ter an mei­nen Auf­füh­rungs­er­fah­run­gen in Trier ori­en­tiert war, hat­te ich mich inten­siv mit der Fra­ge beschäf­tigt, wie es dazu kom­men konn­te, dass Gre­ta Thun­berg (beim SDL von mir in zwei Pro­duk­tio­nen gese­hen) zu einem sze­ni­schen Meme gewor­den ist. Ein Meme ist eine ver­dich­te­te Infor­ma­ti­ons­ein­heit, die als Bil­d/­Text-Gefü­ge ein kul­tu­rel­les Phä­no­men zuspitzt und kom­mu­ni­ka­bel macht, wobei die­se Form der Kom­mu­ni­ka­ti­on stark auf die Logik der digi­ta­li­sier­ten Kom­mu­ni­ka­ti­on bezo­gen ist. Ich war einer­seits der Fra­ge nach­ge­gan­gen, inwie­weit Vor­bil­der aus der Welt der sozia­len Medi­en bzw. dort oft anzu­tref­fen­de Figu­ren als Rol­len­vor­bild tau­gen, der man sich mime­tisch per Rol­len­an­eig­nung und ‑arbeit annä­hern kann. Ande­rer­seits hat mich in die­sem Zusam­men­hang der Ver­lust an Kom­ple­xi­tät bzw. die Entro­pie (= der Ver­lust von Infor­ma­tio­nen durch die For­ma­tie­rung von Memes) inter­es­siert, der statt­fin­det, wenn man Gre­ta Thun­berg als Meme (was einen Unter­schied zur sze­ni­schen Typi­sie­rung auf­weist) sze­nisch ver­wen­det: Wenn tat­säch­lich vor­han­de­ne Emo­tio­na­li­tät (‚how dare you‘) ins Lächer­li­che gezo­gen wer­den oder von einem erns­ten Anlie­gen (das wahr­schein­lich ohne Bewusst­sein für die per­sön­li­chen Kon­se­quen­zen in der – mitt­ler­wei­le iko­ni­schen – Kom­bi­na­ti­on von Ost­frie­sen­nerz und Pro­test­pla­kat begon­nen wur­de) eben nur noch Jacke und Schild als Meme übrig blei­ben, was wird dann noch erzählt? Aller­dings haben die aktu­el­len poli­ti­schen Ent­wick­lun­gen im Nahen Osten, die – vor­sich­tig for­mu­liert – ambi­va­len­te Posi­tio­nie­rung von Gre­ta Thun­berg und die Fra­ge, in wel­cher Rol­le sie über was spre­chen soll / kann / darf, mich von die­sem Ansatz abge­bracht.) in das Ver­hält­nis Rolle–Figur bringen? 

Ich schrei­be die­sen Text aus Gründen.

Die qua­li­ta­ti­ve Wei­ter­ent­wick­lung eines zeit­ge­nös­si­schen Thea­ters an Schu­len, das signi­fi­kant durch Schüler:innen und ihre Posi­tio­nie­rung zur Welt und ihren Wirk­lich­kei­ten geprägt sein soll­te, ist mir ein zen­tra­les Anlie­gen. Dabei begrei­fe ich Thea­ter als ein Mit­tel, um Ein­sich­ten über mir nicht unbe­dingt zugäng­li­chen Lebens­be­rei­chen und Denk­mus­tern (der invol­vier­ten Schüler:innen) zu gewin­nen. Mir ist klar, dass dazu ein Pro­zess gehört, in dem Erwach­se­ne nötig sind, die Ermun­te­run­gen aus­spre­chen müs­sen. Aller­dings muss jenen bewusst sein, dass es nicht hin­reicht, ledig­lich Ermun­te­run­gen zu adres­sie­ren; im Sin­ne eines eman­zi­pa­to­ri­schen (und damit bil­dungs­theo­re­tisch rele­van­ten) Ansat­zes geht es um Ermu­ti­gun­gen, die die erwach­se­ne Posi­ti­on kri­tisch berück­sich­ti­gen bzw. die erwach­se­ne Per­son selbst kri­ti­sie­ren kön­nen / müs­sen.7„Der Thea­ter­ma­cher oder der Regis­seur woll­te, dass die Zuschau­er die­ses und jenes sehen und füh­len, dass sie die­ses ver­ste­hen und jene Schluss­fol­ge­rung dar­aus zie­hen. Das ist die Logik der ver­dum­men­den Päd­ago­gik, die Logik der direk­ten und iden­ti­schen Über­tra­gung: es gibt etwas – ein Wis­sen, eine Fähig­keit, eine Ener­gie auf der einen Sei­te – in einem Kör­per oder einem Geist, das auf eine ande­re Sei­te über­ge­hen soll. Was der Schü­ler ler­nen muss, ist das, was der Leh­rer ihn lehrt. Was der Zuschau­er sehen soll, ist das, was der Regis­seur, ihn sehen lässt. Was er füh­len soll, ist die Ener­gie, die er ihm über­trägt. Die­ser Vor­stel­lung von Ursa­che und Wir­kung, die der Kern der ver­dum­men­den Logik ist, setzt die Eman­zi­pa­ti­on ihre Tren­nung ent­ge­gen. Das ist der Sinn des Para­do­xes vom unwis­sen­den Lehr­meis­ter: Der Schü­ler lernt vom Lehr­meis­ter etwas, was der Lehr­meis­ter selbst nicht weiß. Er lernt es als Wir­kung der Beherr­schung, die ihn dazu zwingt zu suchen und die­se Suche zu veri­fi­zie­ren. Aber er lernt nicht das Wis­sen des Meis­ters.“ Vgl. Jaques Ran­ciè­re: Der eman­zi­pier­te Zuschau­er, in: ders.: Der eman­zi­pier­te Zuschau­er. Wien: Pas­sa­gen, 2008, S. 11–34. Hier S. 24. Dass es so etwas wie die Gleich­heit der Intel­li­gen­zen (von der Ran­ciè­re spricht) geben kann, zei­gen die Nach­be­spre­chungs­for­ma­te der Schüler:innen; ich bin fast sicher, dass dort sub­stan­ti­el­le­re Din­ge ver­han­delt wer­den als in den Fach­fo­ren der Erwachsenen…

In die­sem Zusam­men­hang erlau­be ich mir noch ein paar Bonus­fra­gen, die sich einer­seits an bestimm­ten Set­zun­gen des SDLs abar­bei­ten und ande­rer­seits Anre­gun­gen für einen Trans­fer in eige­ne Prak­ti­ken bie­ten sol­len, die das Ziel der intel­lek­tu­el­len Eman­zi­pa­ti­on verfolgen:

„Wer spielt wel­che Rol­le und wozu? Wie füllt man eine Rol­le? Um unse­re Gesell­schaft zukunfts­fest zu machen, braucht es reflek­tier­te und rol­len­er­prob­te Men­schen. Men­schen, die das Licht der Öffent­lich­keit nicht scheu­en und sich laut­stark für eine welt­of­fe­ne, soli­da­ri­sche und nach­hal­ti­ge Gesell­schaft ein­set­zen. Das SDL*23 zeigt, dass Schul­thea­ter ein Raum der kul­tu­rel­len und sozia­len Bil­dung ist – mit dem Anspruch, selbst Din­ge ins Rol­len zu brin­gen und Gesell­schaft zu bewegen.“

Die­ses Zitat stammt aus dem Vor­wort zum Pro­gramm­heft des SDL 2023 in Trier und ist von Malu Drey­er, der Minis­ter­prä­si­den­tin des Gast­ge­ber­bun­des­lands Rhein­land-Pfalz. Wis­sen Sie, was der Begriff ‚zukunfts­fest‘8sie­he https://www.duden.de/rechtschreibung/zukunftsfest. Dort wird er als Adjek­tiv aus dem Polit­jar­gon bezeich­net… Ok, wenn zukunfts­fest ein Adjek­tiv ist, müss­te es auch ein Gegen­teil dazu geben: Wäre das ver­gan­gen­heits­los oder ‑locker? Oder Stei­ge­rung: Wie lau­tet der Super­la­tiv von zukunfts­fes­ter? Und nach fest kommt ab? bedeutet?

Was erzählt der Vor­gang, dass die Minis­ter­prä­si­den­tin des Aus­rich­ter­bun­des­lan­des von einem Kind zu Wer­be­zwe­cken gedou­belt wird?9Ich bezie­he mich auf die Wer­be­kam­pa­gne des SDL und den Auf­tritt des Dou­bles bei der Fes­ti­val­er­öff­nung; sie­he: https://sdl2023.de/mediathek (letz­te Sich­tung am 27.11.2023).

Wor­in bestehen genau die Qua­li­tä­ten eines ‚rollenerprobt‘-Seins?

War­um wer­den jun­ge Men­schen in die­sem Zusam­men­hang dazu ermu­tigt, sich laut­stark für eine Gesell­schaft mit pro­gres­si­ven Eigen­schaf­ten ein­zu­set­zen, um, wenn sie dies tat­säch­lich mit ihren Mit­teln tun, stig­ma­ti­siert, kri­mi­na­li­siert oder gar (bspw. in Bay­ern) inhaf­tiert zu wer­den?10Hier nur ein paar Bei­spie­le dazu: https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2023/05/scholz-letzte-generation-blockaden-voellig-bekloppt-.htm/listallcomments=on.html – oder: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2022–11/alexander-dobrindt-klimaaktivisten-strafen-raf – oder: https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-demonstration-praeventivhaft-klimaschutz‑1.5695288 (alle zuletzt gesich­tet am 27.11.2023).

Wie steht es um die poli­ti­sche Lob­by11gl. dazu https://www.prif.org/fileadmin/HSFK/hsfk_downloads/prif0522_barrierefrei.pdf (zuletzt gesich­tet am 27.11.2023). für die Anlie­gen der Her­an­wach­sen­den? Besteht nicht ein gra­vie­ren­des Miss­ver­hält­nis zwi­schen den Ansprü­chen der Erwach­se­nen und den Erwar­tun­gen an die Jugend bzw. der Jugend selbst? Immer­hin pro­ji­ziert hier eine Erwach­se­ne in einer expo­nier­ten Posi­ti­on, in der Rol­le einer Minis­ter­prä­si­den­tin, so etwas wie einen gesell­schaft­li­chen Fort­schritts­wunsch an den Umstand, sich in der Ado­les­zenz mög­lichst reflek­tiert vie­le Rol­len anzu­eig­nen – aber wozu denn eigentlich?

Wel­che Rol­le kommt Kin­dern und Jugend­li­chen in der Poli­tik, dem poli­ti­schen Dis­kurs und gegen­über den poli­ti­schen Akteu­ren (die man als boo­mer bzw. best ager bezeich­nen könn­te) denn über­haupt zu?

Besteht ein Zusam­men­hang zwi­schen den Erfah­run­gen des Aus­ge­schlos­sen­seins von demo­kra­ti­schen Pro­zes­sen und gesell­schaft­li­cher Teil­ha­be und der Zunei­gung von immer mehr Jugend­li­chen an For­men regres­si­ver Poli­tik (wie es die Auto­ri­ta­ris­mus-Stu­die von 2020 auf­ge­zeigt hat12sie­he: https://www.gwi-boell.de/de/autoritarismusstudie-2020 (zuletzt gesich­tet am 27.11.2023).
– und sich im über­pro­por­tio­na­len Anstieg der Erstwähler:innen-Stimmen von rechts­extre­men Par­tei­en bei den letz­ten Land­tags­wah­len mani­fes­tiert)? Wird sich damit per­spek­ti­visch die emp­fun­de­ne Kri­se der Demo­kra­tie wei­ter ver­schär­fen (was nie­mand wol­len kann, der irgend­wie ‚zukunfts­fest‘ sein will)?

Hat das viel­leicht etwas mit dem von mir geschil­der­ten Ver­hält­nis von Dia­log, Debat­te und Dis­kurs zu tun? Bzw. mit der vor­ge­se­he­nen Rol­len­auf­tei­lung von Expert:innen (= Dis­kurs)13Sie­he: https://twitter.com/c_lindner/status/1104683096107114497?lang=de (zuletzt gesich­tet am 27.11.2023). und Ande­ren, die davon aus­ge­schlos­sen werden? 

Und weil der schö­ne (und hier kos­ten­lo­se) Bil­dungs­be­griff in dem Gruß­wort auf­taucht: Wie­so scheint das Feld der Bil­dungs­po­li­tik und der damit zusam­men­hän­gen­den Arbeit, die man pla­ne­risch, kon­zep­tio­nell und in Anpas­sung an die exor­bi­tant ver­än­der­ten Bedin­gun­gen der diver­si­fi­zier­ten Lebens­wel­ten inves­tie­ren müss­te, mitt­ler­wei­le so ver­nach­läs­sigt, dass Wah­len damit nur ver­lo­ren gehen können?

Lohnt sich vor die­sem Hin­ter­grund für die Schüler:innen über­haupt noch ein Enga­ge­ment – v.a. wenn ihnen Gesell­schaft und Poli­tik so offen­kun­dig oft die kal­te Schul­ter oder wahl­wei­se den gestreck­ten Mit­tel­fin­ger zei­gen? Und wie­so sieht man kei­ne Gegen­re­ak­ti­on in den Pro­duk­tio­nen des Fes­ti­vals, vor allem, wenn Thea­ter und des­sen Prak­ti­ken als genu­in poli­tisch ver­stan­den wer­den könnten?

Macht es vor die­sem Hin­ter­grund Sinn, sich auf Basis einer (von ande­ren bereits defi­nier­ten) Rol­le zu exponieren?

Und (weil es in eini­gen Pro­duk­tio­nen auf dem SDL zu sehen war): Wor­in liegt der Reiz, Her­an­wach­sen­de als kon­sum­ori­en­tier­te Minderleister:innen am Ran­de des Debi­li­tät zu zei­gen? Wer­den so nicht viel mehr die (Rol­len-) Mus­ter der Aus­gren­zung repro­du­ziert, wo die Doo­fen doof blei­ben, die Enga­gier­ten zur Ziel­schei­be von Hohn und Spott wer­den und die Armen als erkenn­ba­res Zei­chen ihrer mehr­schich­ti­gen Bedürf­tig­keit eine Plas­tik­tü­te in die Hand gedrückt bekom­men und mit Proll-Akzent spre­chen? Wie­so wie­der­ho­len sich die Defi­zi­te der Reprä­sen­ta­ti­on von tat­säch­lich vor­han­de­nen sozia­lem Elend, von dem auch das zeit­ge­nös­si­sche Thea­ter­thea­ter gekenn­zeich­net ist, auch wenn es sich gern die ‚sozia­le Fra­ge‘ oder Klas­sis­mus in die Mot­ti sei­ner Spiel­zei­ten setzt?

Wird im Gegen­satz dazu der Chor zum Inbe­griff der Funk­tio­na­li­tät – und damit der neo­li­be­ra­len Ideo­lo­gie, deren eigent­li­cher Betrug es ist, zwar Indi­vi­dua­li­tät zu fei­ern, die­se jedoch an öko­no­mi­sche Potenz zu koppeln?

Wür­den Sie mei­ner The­se zustim­men, dass es in den Prak­ti­ken des Thea­ters an Schu­len gar nicht zen­tral um Rol­len­ar­beit gehen kann, weil eine cho­ri­sche For­ma­ti­on der Schü­le­rin­nen und Schü­ler öko­no­mi­scher ist? Repro­du­ziert sich im Chor der Kapi­ta­lis­mus als neo­li­be­ra­les Mind­set (mit allen sei­nen Ambivalenzen)?

Müss­te man das nicht kritisieren?

Wie­so habe ich kaum eine Auf­füh­rung auf dem SDL gese­hen, wel­che unmit­tel­bar aus dem Kri­sen­herd Schu­le einen lebens­welt­li­chen Fokus auf dys­funk­tio­na­le Schul­toi­let­ten, per­ma­nen­ten Unter­richts­aus­fall, Gewalt­er­fah­run­gen, Aus­gren­zung oder man­geln­den Res­sour­cen für indi­vi­du­el­le Bega­bun­gen und Poten­tia­le legt?
Ist das Thea­ter an Schu­len, wenn es sich gene­rell mit dem Elend der Welt befasst, auch in die Fal­le der mora­li­schen Über­frach­tung gegan­gen, wo insti­tu­tio­na­li­sier­te Thea­ter­for­men schon längst sit­zen – v.a. wenn es als Blau­pau­se für ‚kul­tu­rel­le und sozia­le Bil­dung‘ her­an­ge­zo­gen wird?

In die­sem Sin­ne plä­die­re ich abschlie­ßend dafür, den schu­li­schen Raum viel signi­fi­kan­ter als kul­tu­rell und sozi­al zu erschlie­ßen­den Kon­text zu befra­gen: So wird uns allen (v.a. uns Erwach­se­nen) viel­leicht kla­rer, wel­che ROLLEN jen­seits der (nor­ma­ti­ven) Schüler:innen-Rolle für die jun­gen Men­schen über­haupt zur Ver­fü­gung ste­hen. Bei die­sen Recher­chen und Aus­hand­lun­gen kann Thea­ter (ent­we­der als Idee oder Reper­toire an Prak­ti­ken) hilf­reich sein, so etwas wie eine Gegen­öf­fent­lich­keit zu orga­ni­sie­ren, in denen Nicht-Gesag­tes eine Stim­me, Nicht-Wahr­ge­nom­me­nes einen Kör­per bekommt und Nicht-Gewuss­tes erkenn­bar wird.

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