Im Rahmen des Fachtages des Schultheater der Länder 2025 in Braunschweig hatten Teilnehmende des SDL die Gelegenheit, einen Workshop zu besuchen, der im Zeichen des didaktischen Schwerpunkts Diversity (DSD) stand. Konzipiert und durchgeführt wurde er von Aaron Aschenbach und Ursula Jenni, die an der UdK Berlin ein Programm für die Lehramtsstudiengänge Theater/Darstellendes Spiel entwickelt haben. Ziel dieses Programms ist es, Diversität als machtkritische Praxis im Theaterunterricht zu reflektieren und vom wissenschaftlichen Diskurs in die schulische Praxis zu übersetzen.
Schon der Beginn des Workshops war eindrücklich: Ein roter Faden verband alle Teilnehmenden miteinander. Mit dem Faden in der Hand benannte jede*r, was Vielfalt für sie oder ihn bedeutet. So entstand ein Netz, das nicht nur sichtbar machte, dass wir verbunden sind, sondern auch als Symbol diente, um die Forschungserkenntnisse des Critical Diversity Projects einzuleiten. Hier wurde Diversität als Ressource der Gesellschaft, als Herausforderung, als Teilhabe und als Frage der Befähigungsgerechtigkeit vorgestellt.
Im ersten Workshopteil präsentierte Ursula Jenni Ausschnitte aus dem Workshop „Schnee von gestern“. Gemeinsam mit den Teilnehmenden wurden Märchenstereotype kritisch beleuchtet und spielerisch dekonstruiert. Besonders eindrucksvoll war, wie vertraute Rollenbilder – etwa der Prinz als starker, kampfbereiter Held – geöffnet und umgedeutet werden konnten. Statt Stärke und Ruhm standen innere Konflikte wie Angst, Erwartungsdruck oder Unsicherheit im Zentrum. Durch kleine Szenen wurde sichtbar, wie tradierte Bilder aufgebrochen und neue, differenzierte Figurenentwürfe erprobt werden können.
Der zweite Teil des Workshops wurde von Aaron Aschenbach gestaltet. Unter dem Thema klassismussensible Unterrichtsgestaltung führte er die Teilnehmenden mithilfe von Kopfhörern und Audioimpulsen in die Erfahrungswelt des „Imposter Syndroms“, das besonders Menschen betrifft, die klassistische Barrieren erleben. Die zentrale Frage lautete: In welchen Räumen habe ich mich selbst schon einmal fehl am Platz gefühlt? Der Austausch darüber, verbunden mit einer ästhetischen Umsetzung in Form eines gemeinschaftlich erzeugten Geräuschteppichs, schuf eine intensive Atmosphäre. Von dieser sinnlich-performativen Annäherung ausgehend, leitete Aaron zu einem fachwissenschaftlichen Input über, der die Teilnehmenden zu weiterer Selbstreflexion und Recherche anregte.
Deutlich wurde: Die beiden Workshops stellten nicht nur Theorie vor, sondern gaben konkrete Impulse, wie Theater Lehrkräfte im Unterricht Automatismen wie Stereotypisierungen oder Praxen des Otherings erkennen und kritisch verschieben können. Das große Ziel bleibt dabei stets, vom Sprechen ins Handeln zu kommen.
Dieser Workshop hat gezeigt, wie produktiv es sein kann, wenn sich wissenschaftliche Erkenntnisse, theaterpraktische Übungen und schulische Erfahrungswelten miteinander verschränken. Für uns Teilnehmende war er nicht nur eine inhaltliche Bereicherung, sondern auch eine Ermutigung, Diversität als zentrale Ressource des Theaters im schulischen Alltag ernsthaft und machtkritisch zu verankern.
Weitere Informationen zum Critical Diversity Project sowie zu den vielfältigen Workshopangeboten finden sich hier: