Im Großen Haus des Staatstheaters Braunschweig am 29.09.2025 um 19:30 Uhr präsentiert die Gruppe des Landesförderzentrums Sehen, Schleswig, mit der Gruppe „Mach doch mal Theater“ eine Eigenproduktion: ein gesellschaftskritischer Politthriller über einen totalitären Gesundheitsstaat.
Ausgehend von der Leitfrage „Wer bin ich, wenn ich vergessen habe, wer ich bin?“ entwickelt das Ensemble eine beklemmende Zukunftsvision. Die Spielleitung liegt bei Martina Müller-Korn. Für die Technik arbeiteten Tim und Luise Tiedtke sowie Valentin Keller. Unterstützung gaben Annika Rode, Birte Albrecht und Nele Schellenberger.
Das Bühnenbild ist schlicht und prägnant: Drei blinkende Kameras, ein Schreibtisch, ein Thron und eine Säule genügen, um Macht und Kontrolle sichtbar zu machen. Eine KI-Stimme aus dem Off überwacht, kommentiert und bewertet das Geschehen. Der Satz „Für dein vollkommenes Wohl“ prägt diese Welt und klingt wie ein Versprechen, das zur Drohung wird.
Die Handlung zeigt, wie das System über die Zeit wächst. Ein Sekretär prüft, was Forschende veröffentlichen dürfen. Die Präsidentin unterschreibt Beschlüsse, ohne die Folgen zu bedenken. Schritt für Schritt kommen Regeln hinzu. Bestätigungstöne belohnen Gehorsam. Der Maleranzug – dünner, weißer Stoff, der mit Kapuze den gesamten Körper bedeckt – dient als einheitliche Kleidung, löscht Unterschiede und nimmt den Menschen ihre Individualität.
Die Verbote werden immer strenger: Zuerst gibt es kein Fleisch mehr, dann keinen Zucker. Durch die Erkenntnis, dass auch Pflanzen Lebewesen seien, die nicht verzehrt werden sollen, wird ein neues Gesetz erlassen: Essen gibt es nur noch in Form von Tabletten. Täglich sind 10.000 Schritte vorgeschrieben. Es gibt synchrone Übungen, Hobbyhorsing wird zum Nationalsport, und dann wird auch noch die Liebe verboten. Verstand und Wissenschaft kämpfen gegen jegliche aufkommenden Gefühle und Erinnerungen. Zweifel tauchen auf, doch die Überwachung bleibt allgegenwärtig. Wer sich nicht fügt, kommt in ein „Optimierungscamp“.
Die KI fällt für einen kurzen Moment während einer Wartung aus, und sofort bricht der kontrollierte Alltag zusammen. Es gibt Partys, Küsse, Chips, Gesang und Gitarrenmusik. Fotos halten den Augenblick fest und verraten ihn zugleich. Nach dem Neustart wird alles jäh beendet, und Freude wird zum Beweis gegen die Beteiligten. In einem Labor soll eine Person Erinnerungen vergessen. Das Vergessen von Dingen, die die Darsteller:innen lieben, wird zum Werkzeug der Regierung. Die Gruppe vom Anfang findet wieder zusammen und macht die Erinnerung zu einem gemeinsamen Auftrag.
An der Spitze steht die Präsidentin Luna, doch die eigentliche Macht übt ihr strenger Sekretär aus. Ein Team aus Wissenschaftler:innen arbeitet an weiterer Perfektion, während zugleich der Widerstand wächst. Amy, die Partnerin der Präsidentin, erkennt die Härte des Systems. Mit drei Mitstreiter:innen weckt sie Erinnerungen durch Musik und Fragen und bereitet eine Demonstration vor. Als der Protest anschwillt und die KI dadurch erneut ausfällt, kippt die Lage. Der Sekretär stürzt, Vielfalt und Selbstbestimmung rücken wieder näher.
Die Inszenierung ist geprägt von vielen Szenenwechseln, chorischem Sprechen, exakten gemeinsamen Bewegungen und Standbildern. Die Bildsprache der Aufführung wirkt nach.
Der Song „Oh oh, erinnerst du dich?“ wirkt wie ein Gegenmittel gegen das Vergessen.
Am Ende erfüllt eine Demonstration den Raum mit dem Ruf: „Wir sind viele, wir sind hier, für die Vielfalt kämpfen wir.“
So bleibt die Frage offen: „Wer bin ich – und wer bin ich in einem Leben mit KI?“
Geschrieben von: Kira Rode und Lena Leuendorf (Studierende der Europa-Universität Flensburg)\
Einfache Zusammenfassung:
„Für dein vollkommenes Wohl“ läuft im Staatstheater Braunschweig.
Auf der Bühne spielt die Gruppe „Mach doch mal Theater“ vom Landesförderzentrum Sehen Schleswig.
Die Aufführung zeigt eine strenge Zukunft.
Eine KI überwacht die Menschen.
KI ist ein Computerprogramm, das lernt und dir bei Aufgaben hilft.
Es gibt viele Regeln: gleiche Kleidung, erst kein Fleisch, dann kein Zucker, Essen nur als Tabletten.
Jeden Tag sind 10.000 Schritte Pflicht.
Es gibt Übungen im gleichen Takt.
Hobbyhorsing ist Nationalsport. Liebe ist verboten.
Kurz fällt die KI aus. Es gibt Musik, Küsse und Chips. Danach kommen harte Strafen.
Die Bühne ist einfach: Kameras, Schreibtisch, Thron, Säule. Die Bilder sind stark.
Es gibt Sprechen im Chor und genaue Bewegungen. Mal still und ernst, mal schnell und spannend.
Erinnerung gibt Kraft. Menschen wehren sich. Der Sekretär verliert Macht. Es gibt Hoffnung.
Ein Lied bleibt im Kopf: „Oh oh, erinnerst du dich?“.
Das Publikum ist bewegt. Die Aufführung lädt zum Nachdenken über Freiheit und KI ein.